Reinkarnation oder Auferstehung?
Eine ganz persönliche Auseinandersetzung
Die Themen Reinkarnation, Auferstehung, Seelenwanderung, usw. beschäftigten mich lange Zeit. Es ging für mich dabei aber nie um die Frage ob Reinkarnation oder Auferstehung, mir war klar, dass es um Reinkarnation und Auferstehung gehen musste.
Warum?
Wenn ich die Zeitung aufschlage, lese ich von Katastrophen, Kriegen, Not und Armut. Ein paar Kilometer vor meiner Haustüre und in der ganzen Welt. Wenn ich darüber nachdenke wird mir bewusst, dass ich in eine Zeit hineingeboren wurde in der es in unserem Land seit 60 Jahren keinen Krieg gegeben hat, dass ich ein Elternhaus hatte, das mich zu einem aufrechten Menschen erzogen, eine gute Ausbildung ermöglicht und mich unterstützt hat. Es wird mir bewusst, dass ich den richtigen Beruf und das richtige Unternehmen gewählt habe in dem ich mich entwickeln und Karriere machen konnte, dass ich eine wunderbare Frau fürs Leben gefunden, vier herrliche Kinder, anständige Schwiegersöhne und reizende Enkelkinder bekommen habe. Ich bin gesund, voll Zukunftspläne und wirtschaftlich abgesichert, kann mir da und dort Extrawünsche erfüllen, meine Probleme sind relativ überschaubar, usw. usf.
Wer bin ich schon, dass ich es im Leben so gut getroffen habe, während andere Menschen schwere Schicksale erleiden, in Krankheit, Entbehrung und Armut leben müssen, in Kriegen umkommen oder aus der Heimat vertrieben werden, arbeitslos sind, dahinsiechen, in wirtschaftlich, sozial und politisch labilen oder desolaten Verhältnissen leben müssen, usw. usf.?
Persönliche Schlussfolgerungen:
- Wenn es mir im Leben so gut geht, hat das zwar auch mit meinem Engagement und meinem Fleiß zu tun, aber wahrscheinlich mit sehr viel mehr glücklichen Zufällen und Fügungen. Jedenfalls habe ich mich im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten entwickelt, Erfahrungen gesammelt und einen bestimmten Reifegrad erreicht.
- Um den vollen Reifegrad der Seele zu erlangen, fehlen aber noch viele andere Dimensionen an Lebenserfahrungen. Es war mir klar, dass diese in nachfolgenden Leben erfolgen werden, sozusagen in weiteren Lernchancen und Lebenslektionen. Darin sah ich auch „eine Art Gerechtigkeit und Ausgleich" für mein derzeitiges Lebensglück. Unterstützt wurde die Reinkarnationsansicht durch Bücher über Regressionen, die Tatsache, dass die Lehre von der Wiedergeburt ja auch Überzeugung der großen östlichen Religionen (Hinduismus, Buddhismus...) und vieler bedeutender Persönlichkeiten (z.B. Kant, Hegel, Lessing, Goethe, Rilke, Albert Schweitzer) ist.
- Habe ich - schloss ich - meine geistige Entwicklung abgeschlossen, werde ich zum ewigen Leben auferstehen und auf einer höheren Seinsebene das ewige Heil erreichen.
Und dann kam mir das Buch „Auferstehung oder Reinkarnation" von Renold Blank in die Hände.
Ich bin sehr dankbar, dass mir dieses Buch „zu(ge)fallen" ist und dass es in einer - wie ich meine - ehrlichen, unpolemischen, nicht fundamentalistischen Art abgefasst ist. Es war mir eine wertvolle Hilfe bei meinem persönlichen Suchen und Fragen.
Nach Lektüre des Buches sehe ich meine oben dargestellte Situation so:
- Das Buch erklärt mir zwar nicht augenfällig, warum ich es im Leben so gut getroffen habe, während andere Menschen unter schweren Schicksalen leiden, führt mir dafür aber die Einmaligkeit und damit hohe Verbindlichkeit meiner heutigen Lebensentscheide sowie die Konsequenzen meines heutigen Verhaltens klar vor Augen. Das beinhaltet auch die Verantwortung zur Hilfe und Unterstützung im Hier und Jetzt für jene, die es nicht so gut getroffen haben und der Hilfe bedürfen. Diese Erkenntnis ist wertvoller, als die eventuelle Möglichkeit, begangene Fehler in einem späteren Leben korrigieren zu können/müssen/dürfen.
- Die - ursprünglich als durchaus plausibel angesehene - Doktrin der Wiedergeburts-Lehre beurteile ich mittlerweile als gefährlich: Sie kommt ohne Gott, Liebe und Verzeihen aus, ist eine Selbsterlösungslehre, die das Körperlich-Leibliche abwertet, weil sie auf einer überholten dualistischen Weltsicht basiert. Sie belastet den Menschen mit Schuld aus vorangegangenen Existenzen, von denen der jetzt lebende Mensch aber keine Ahnung hat, usw. usf.
- Die Lehre von der Wiedergeburt lässt die Menschwerdung Gottes, die gesamte Verkündigung Jesu, vor allem aber seinen Tod und seine Auferstehung überflüssig und sinnlos erscheinen. Wozu das Ganze, wenn ich ohnedies durch eine bestimmte Anzahl von Erdenleben aus eigener Kraft meine Schuld aufarbeiten muss? „Und wie es dem Menschen bestimmt ist, ein einziges Mal zu sterben, worauf dann das Gericht folgt, so wurde auch Christus ein einziges Mal geopfert, um die Sünden vieler hinwegzunehmen; beim zweiten Mal wird er nicht wegen der Sünde erscheinen, sondern um die zu retten, die ihn erwarten." (Hebr 9,27)
- Die Auferstehung ist daher mein eindeutiger Glaubensentscheid.
Insgesamt ziehe ich den Schluss, dass mir mein „leichtes Joch" unverdient zugefallen ist.
Ich bin dankbar für einen leidenschaftlich liebenden und verzeihenden Gott, der mit seinen Geschöpfen „alles in allem" sein möchte.
Rudolf Tovarek